Woche 2: Manfred Mann’s Earth Band, For You

Von großen Namen und fremden Federn. Was Cover-Versionen mit der Gänsegeierflöte vom Hohlefels zu tun haben. Am Ende geht es um was ganz anderes.

Die Manfred Mann`s Earth Band ist benannt nach Manfred Mann. Ein kurzer Blick in die Musikgeschichte: Die Bands, in denen Manfred Mann spielte und mit denen er berühmt wurde, hießen – in dieser Reihenfolge – Mann Hugg Blues Brothers, Manfred Mann Chapter One, Manfred Mann Chapter Two , Manfred Mann Chapter Three und Manfred Mann`s Earth Band. Man kann darin ein Muster erkennen. Noch ein Muster: Die bekannteren Hits der Bands von Manfred Mann wurden größtenteils von anderen geschrieben oder zuerst veröffentlicht. Schon der erste Hit Doh Wah Diddy Diddy war eigentlich ein Stück von The Exciters. 1963 in den USA veröffentlicht, landete das Original auf Platz 78 der US-Charts. Manfred Mann nahm es 1964 in den Abbey Road Studios nochmal auf und es wurde ein Nummer 1-Hit, erst in Großbritannien und dann auch noch in den USA.

Und das geht so weiter: Auf den ersten Alben der verschiedenen Bands von Manfred sind Songs von Bo Diddley, Carole King und gleich mehrere Bob Dylan-Stücke, darunter auch Mighty Quinn. Bob Dylan hatte den Song geschrieben und 1967 eingespielt, aber nicht als erster veröffentlicht. Da waren andere Bands schneller, unter anderem auch Manfred mit der Manfred Mann Band in der Chapter II-Besetzung. Deren Fassung von 1968 kam auf Nr. 1 in Großbritannien und Deutschland und wurde weltweit über 2 Mio. mal verkauft.

Ist ein erfolgreiches Cover besser oder schlechter als das weniger erfolgreiche Original? Das ist eine schwierige Frage und liegt wie so vieles im Auge des Betrachters. Oder im Ohr des Hörers. Und es geht schon mal damit los, dass man nur dann vergleichen kann, wenn man weiß, dass es zu einem bestimmten Song ein ganz anderes Original gibt und welches jetzt was ist. Ein Beispiel: „Always on my mind“. Dass das Original nicht von den Pet Shop Boys ist – geschenkt. Aber wer hat es zuerst veröffentlicht, Elvis oder Willie Nelson? Keiner von beiden, das Cover von Willie Nelson kam sogar später als das von Elvis. Die (vermutliche) Erstveröffentlichung von Gwen McCrae kennen vermutlich nur wenige. Oder „I will always love you“. Da klingelt vielleicht was. Das Original ist von Dolly Parton aus dem Jahr 1974. Und kaum wurde der Song volljährig, kam 1992 das Cover von Whitney Houston. Zwei Jahre vorher 1990 hatten die Guns N Roses ihre Fassung von Bob Dylans „Knocking on heaven´s door“ sehr erfolgreich veröffentlicht, eine Hammer-Nummer, in der Axl so richtig einen raushaut. Es gibt unzählige dieser Beispiele. Will man das alles wirklich vergleichen oder lässt man es lieber sein?

Und selbst wenn man eine entschiedene Haltung zum Thema Cover hat, kann die sich im Laufe der Zeit ändern. Kleine Privatempirie: Ich habe sehr lange nichts von Covern gehalten. Covern war für mich ein Herummachen an kreativen Leistungen von anderen, das selten zu besseren Ergebnissen geführt hat. Ich war jung und wir hatten damals noch keine Musik-Streaming-Plattformen… Heute habe ich eine Liste mit knapp dreihundert Coverversionen und sie wird täglich länger. Ich nenne sie „Alternative Versionen“, meinem jüngeren Ich zuliebe. Und ich halte diese Songs alle für richtig gut, ganz unabhängig vom Original und ohne die Versionen zu vergleichen. Jeder kann dazu aber anderer Meinung sein, das ist kein Problem. In die Diskussionen, die im Netz zum Beispiel auf der Website vom Rolling Stone Magazine seit Jahren geführt werden, mische ich mich deswegen auch gar nicht ein. Schon 2006 hat der User Count Down dort in einem Thread sinngemäß festgestellt: „Der Erfolg (von) Cover-Versionen zeigt sich (…) in der Akzeptanz des Publikums, der Hörer, der Verbraucher. Die Diskussion über „ist gut“ oder „ist miserabel“ besteht sein Erfindung der Gänsegeierflöte .“

Moment. Die Gänsegeierflöte? Kleiner Infoservice: 2008 wurde im Hohle Fels im Alb-Donau-Kreis eine fast vollständig erhaltene Flöte aus Gänsegeierknochen gefunden. Das Instrument ist zwischen 35 und 40 000 Jahre alt und gilt als eines der ältesten erhaltenen Musikinstrumente der Welt. Zu sehen ist die Gänsegeierflöte im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren, Anfragen für Gruppentermine Di-Do 14-16 Uhr und Fr 10-12 Uhr.

Kurve zurück: Vermutlich wurden auch mit der Gänsegeierflöte schon Cover gespielt. Das ist historisch aber nicht belegt. Belegt ist, wie die Beispiele gezeigt haben, dass Covern okay ist und wirklich gute Songs hervorbringt. Deswegen singt Manfred Mann in „For you“: „Girl give me time to cover my tracks“ Und so kommt endlich auch mal der Song, mit dem ich mich heute befasse, in diesem Podcast vor. Die ganze Zeit drumrumgeeiert und ja keinen Bezug hergestellt. Das hat seinen Grund: „For you“ erschien erstmalig auf dem Album „Greetings from Asbury Park, New Jersey“. Veröffentlicht wurde die Platte am 5. Januar 1973, also vor ziemlich genau 50 Jahren. Die Platte ist nicht von Manfred Mann und einer seiner gleichnamigen Bands. Es ist das Debütalbum von Bruce Springsteen, der damit auf der Bildfläche erschien.

Das Jubiläum dieses geschichtlichen Ereignisses ist der eigentliche Anlass für diesen Podcast. Aber so direkt angehen, das war mir zu heavy. Es ist Bruce Springsteen, es ist der Boss und es ist sein erstes Album. Das ist ein bisschen viel. Auch vom Songtext her. Springsteen hatte am Anfang seiner Karriere andere Ambitionen. Ich habe irgendwo gelesen, er sei ein „romanschreibender Poet“ gewesen, der „ein ganzes Buch in einen Song zwingen“ wollte. „Zu viele Wörter“. Das hat sich auch Manfred Mann gedacht, deswegen hat er gut zwei Drittel des Textes von „For you“ weggelassen und ein klasse Piano-Intro dazugeschrieben. „For you“ ist in voller Länge ein eher düsteres Stück über ein suizidgefährdetes Mädchen. Wenn man Springsteen Live-Fassung aus dem Londoner Hammersmith Odeon von 1975 hört, sollte man emotional stabil sein.

Anyway, eine Befassung mit Springsteen und einem seiner frühen literarischen Songs war mir für heute too much. Ganz genauso war’s mit den Namen, die heute dabei waren, mit Carole King, Bob Dylan, den Abbey Road Studios. Das wären alles leichte Überleitungen gewesen, aber da wäre ich in anderen Sphären gelandet. Da wollte ich nicht hin und habe stattdessen das hier getextet. Selbst. Anders als Manfred Mann. Hier ist „For you“ in seiner Version.

{Unbedingte Musikempfehlung} Sinead O’Connor hatte 1990 mit „Nothing compares 2 U“ einen Welterfolg. Ich weiß, was jeder weiß: Die Nummer wurde von Prince geschrieben. Was ich aber nicht wusste: Prince Plattenfirma Warner – ja, die mit dem problematischen Plattenvertrag – hat 2018 posthum die Original-Studio-Aufnahmen zu „Nothing compares 2 U“ aus dem Jahr 1984 veröffentlicht. Diese Version von Prince himself ist der totale Hammer und meine Unbedingte Musikempfehlung für heute.

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